Sollen Juden Christen werden?

Von Jurek Schulz

Als Kind und Jugendlicher hatte ich eine falsche Vorstellung vom Christentum. Ich dachte immer, nicht nur die Christen – und meinte damit alle, die getauft und konfirmiert waren – seien Antisemiten, sondern Christus selbst sei der Urheber allen Übels. Meine Vorfahren mussten so viel schreckliches Leid erdulden – ja sogar den gewaltsamen Tod. Dass es allerdings auch eine positive Seite des Christentums gab, die den Juden zum Segen wurde, sollte ich erst viel später erfahren. Über Jahrtausende hinweg wurde das Verhältnis zwischen Juden und Christen von falschen Vorstellungen geprägt, die nicht einfach zu überwinden sind.

Christusgläubige Juden in Deutschland
Im April trafen sich rund 150 christus-gläubige Juden aus Deutschland auf einer messianischen Konferenz im Westerwald. Die Teilnehmer waren zum Teil äußerst überrascht zu sehen, dass so viele andere Juden auch an Jesus als den Messias glauben. Für alle Anwesenden waren die Begegnungen, die Gemeinschaft, die Seminare und die Verkündigung eine Ermutigung, den Weg mit dem Herrn weiterzugehen. Ein besonderes Erlebnis waren zwei Taufen, bei denen einer der Täuflinge schon 82 Jahre alt war.

Jesus gesandt zu Israel
Die Bezeugung der Messianität Jesu galt zunächst nur Israel. In Matthäus 15,24 sagt Jesus selbst, nur zu Israel gesandt zu sein. Als er auf Erden war, waren es fast nur Juden, die zum Glauben an ihn kamen. Das setzte sich auch nach seiner Auferstehung fort.

Die Frage nach dem messianischen Reich
Die letzte Frage der jüdischen Apostel an den auferstandenen Christus war (Apg. 1,6): „Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel das Reich wieder her?“ Der Schwerpunkt  dieser Frage lag darin, was „jetzt“ mit Israel geschehen werde. Würde Jesus nun Israel und das Königreich Davids herstellen, so wie es der jüdisch-messianischen Erwartung entsprach?

Die letzte Aussage des Auferstandenen auf Erden 
Jesus antwortete darauf (Apg.1,7-8): Es ist nicht eure Sache, die Zeiten oder den (genauen) Zeitpunkt zu wissen (wann Gott Israel wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückführen wird), (bis es soweit ist) werdet ihr Kraft (griechisch: dynamis) empfangen, den Heiligen Geist (eine euch in Bewegung setzende Kraft – von Hebräisch „Ruach HaKodesch“). Dieser wird euch befähigen meine Zeugen, ja sogar meine Märtyrer zu sein. Und das in Jerusalem, in Judäa, in Samaria und bis an das Ende der Welt.

Sollen Juden Christen werden?
Ja, wenn damit gemeint ist zu erkennen, dass der Auferstandene, der im Tenach (AT) verheißene Messias (griechisch: Christus = Gesalbter) ist. Das gilt allen Menschen, Israel zuerst! Petrus erlebte an Schawuot (Pfingsten) die Bestätigung der Aussage des Auferstandenen (Apg. 2,41). Durch die Predigt des Petrus kamen etwa 3000 Juden zum Glauben an Jesus als den Messias. Wodurch? Dadurch dass sie erkannten, dass durch Jesus Vergebung von Schuld und Sünde geschieht (Apg. 2,38).
Bis heute gibt es keine persönlich erfahrbare Vergebung der Schuld im religiösen Judentum. Kollektive Gebete zu verschiedenen Festtagen sollen zu einem guten Gewissen verhelfen. Der Einzelne jedoch, der ein Bewusstsein seiner Sündhaftigkeit vor Gott hat, leidet unter dem Bewusstsein seiner persönlichen Schuld und kennt keine Heilsgewissheit. Hier gab Petrus die entscheidende Antwort und viele kamen zum Glauben an Jesus. So entstand die erste judenchristliche Gemeinde in Jerusalem, als ein Wunder Gottes und als eine Erfüllung alttestamentlicher Prophetien.

Die ersten Christen waren Juden
In Apg. 15,5 lesen wir, dass sogar eine ganze Anzahl von Pharisäern zum Glauben an Jesus als den Messias gekommen war. Wiederum in Apg. 21,20 ist zu lesen, dass Tausende Juden zum Glauben an den Auferstandenen gekommen waren. Etwas kennzeichnete sie jedoch und das ist bei vielen Judenchristen bis heute so geblieben: Sie sind als christusgläubige Juden stark mit dem Gesetz verbunden. Hier haben sie ihre kulturelle Identität. Auch Paulus sagte (Apg. 25,8): „Ich habe das Gesetz der Juden gehalten“.
Christen sind Menschen, die erkannt haben, wer der HaMaschiach (Messias = Gesalbte = Christus) ist. In diesem Sinne soll der Jude ein Christ werden. Die religiösen Formen und Traditionen sind an dieser Stelle zweitrangig.

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