Von Jurek Schulz
1968 entdeckte man die Ruinen von Gamla. Der archäologische Park bietet eine eindrückliche Dokumentation der Geschehnisse des jüdischen Krieges kurz nach der Zeit Jesu.
Die Ausgrabungsstätte liegt auf dem Golan, rund 15 Kilometer südöstlich von Katzrim, der heutigen Verwaltungshauptstadt des Golan. Nachdem schon in früherer Zeit eine Siedlung existiert hatte, wurde Gamla 87 v. Chr. von den Hasmonäern neu gegründet; wahrscheinlich, um die Grenzregion besser verteidigen zu können. Die Hasmonäer hatten nach dem Makkabäer-Aufstand 165 v. Chr. einen selbständigen jüdischen Staat gegründet. Die Stadt Gamla entwickelte sich zu einem wichtigen geistlichen Zentrum jenseits des Jordans. Entsprechend gab es dort eine große Synagoge.
Berühmtheit erlangte die Stadt am Ende des jüdischen Krieges. Die Zeit des ersten Jahrhunderts n. Chr. war geprägt von der römischen Herrschaft über das Gebiet des heutigen Israel und von der Sehnsucht der Juden, davon befreit zu werden. Damit einher gingen Endzeiterwartungen und die Hoffnung auf einen Messias. Dabei gab es unterschiedliche Strömungen im jüdischen Volk. Die Zeloten strebten einen gewaltsamen Aufstand gegen Rom an. Gemäßigte Parteien suchten den Ausgleich mit den römischen Herrschern. Immer wieder kam es zu Unruhen und zu wachsenden Spannungen.
Ab dem Jahr 66 kämpften die Zeloten in vielen Teilen Judäas gegen die römische Besatzung und erreichten erste Erfolge. Doch dann wurden Vespasian (9-79 n. Chr.) und sein Sohn Titus (39-81 n. Chr.) mit einer großen Armee nach Judäa entsandt, um den Widerstand der Aufständischen zu brechen. Die Mission wurde erfolgreich, aber brutal ausgeführt. Die eroberten Städte und Dörfer wurden niedergebrannt und zerstört, die Mehrheit der Einwohner getötet.
Niederlage
Dieses Schicksal ereilte auch Gamla. Nach langen Monaten der Belagerung wurde die Stadt im Winter 67 n. Chr. erstürmt, wie der jüdische Historiker Flavius Josephus berichtete. Bei den heftigen Kämpfen wurden über 4000 Verteidiger getötet. Als der Kampf aussichtslos wurde, stürzten sich mehr als 5000 Männer, Frauen und Kinder in den Tod. Um dem Schicksal der Sklaverei zu entgehen, sprangen sie von den steilen Felsklippen hinter der Stadt mehrere hundert Meter in die Tiefe. Seitdem ist für Israel diese auf einem Felsrücken gelegene ehemalige jüdische Festung das „Massada des Nordens“.
Das eigentliche Massada sollte nur wenig später traurige Berühmtheit erlangen. Im Verlauf des jüdischen Krieges wurde 70 n. Chr. Jerusalem samt seinem Tempel erobert und zerstört. 73 n. Chr. befand sich dann nur noch die herodianische Festungsstadt Massada am Toten Meer in Freiheit. Als die Stadt nach langer Belagerung durch die Römer erobert wurde, stürzten sich ebenfalls fast 1000 Juden in den Tod, um so der Sklaverei zu entgehen. „Massada“ wurde zum Inbegriff des jüdischen Freiheitswillens. Nach der Staatsgründung war Massada über Jahre hinweg die Vereidigungsstätte für Soldaten der israelischen Armee.
Adler über Gamla
Heute kann man durch die antiken Straßen von Gamla spazieren und die Ruinen der Synagoge und der mächtigen Festungsanlage bestaunen. Man nimmt an, dass die Stadt zu ihrer Blütezeit um die 10’000 Einwohner hatte. Einen Ort namens Gamla gibt es heute allerdings nicht mehr. Dafür bietet die Landschaft ein Naturschauspiel der Superlative. Eingebettet in Canyons und Täler beheimatet Gamlas Umgebung auch Israels höchsten Wasserfall, Mapal Gamla.
Während der vierhundertjährigen osmanischen Zeit war die Vegetation aufgrund einer „Baumsteuer“, d.h. dass nach dem Baumbestand Steuern bezahlt werden mussten, sehr spärlich. Mit der Abholzung der Wälder verschwand auch die zu biblischer Zeit dort bestehende Tierwelt, die sich jedoch mit der Aufforstung wieder eingefunden hat. Unter anderem haben sich verschiedene Greifvögel um Gamla herum auf dem Golan eingenistet. Entlang der Schluchten sind Gänsegeier, Adler und Bussarde zu beobachten.
Ein weiterer Ort mit G: Gan HaShlosha
Für mich persönlich ist dieser israelische Nationalpark, auch unter seinem arabischen Namen Sachne bekannt, am Nordrand der Berge von Gilboa eine der herrlichsten Gegenden in Israel. Das Time Magazine hat diese Oase zum schönsten Platz Israels und einem der 20 exotischsten Orte der Welt erklärt.
Das Einzigartige sind die drei Thermalpools mit Wasserfällen, die miteinander verbunden sind. Mit einer konstanten Wassertemperatur von 28 Grad ist es das ganze Jahr über möglich, dort schwimmen zu gehen.
Ob die Könige Israels in Gan HaShlosha schon schwimmen waren, wissen wir nicht. Doch die Gilboaberge waren in der jüdischen Geschichte Schauplatz tragischer Ereignisse. Unter anderem versammelte Saul (ca. 1000 v. Chr.), der erste König Israels, hier seine Heere im Kampf gegen die Philister. Er und seine Söhne Jonathan, Abinadab und Malkischua starben im Kampf auf diesen über 500 Meter hohen Bergen. Anschließend wurden die Leichname von den Feinden öffentlich im 15 Kilometer entfernt gelegenen Beth Schean zur Schau gestellt (1. Sam. 31,1-12). Später erinnerte König David in seinem Klagelied an die Helden von Gilboa (2. Sam. 1,21).