Von Jurek Schulz
Etliche Kulturen der antiken Zeit existieren nicht mehr, doch das jüdische Volk lebt.
Durch die Jahrtausende hat das jüdische Volk immer wieder tödliche Feindschaften erfahren müssen, die bis in die Katastrophe der Ermordung von sechs Millionen Juden im Dritten Reich gemündet haben. Unterschiedliche „Endlösungspläne“ wurden im Laufe der Geschichte entworfen, und bis heute gibt es Staatsführer, die dieses Ziel verfolgen. Dennoch bleibt es dabei: Das Volk Israel lebt.
Glaube trägt im Leid
Leid, Not und Schmerz sind immer wieder wie ein Unwetter über Menschen und über das jüdische Volk hereingebrochen. Hiob ist zu einem Symbol des Leidens stellvertretend für alle geworden. Wie schrie er seine Not und Verzweiflung in Kapitel 30 heraus – und doch ist er ein Vorbild des Glaubens geworden. Sein Glaube zeigt sich in der Gewissheit: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!“ (Hiob 19,25). Wie ein Monolith, wie ein Fels in der Brandung erhebt er sich über das Leid mit der Hoffnung des Glaubens und der Gewissheit, dass am Ende allen Schreckens die Gegenwart Gottes steht.
Immer gab es das Zeugnis des Glaubens durch alle Generationen hindurch. Für den, der glaubt, offenbart sich der Trost: „Ich kann nie tiefer fallen als in die Hände Gottes!“ Inmitten des Leidens hat Gott das jüdische Volk nicht verstoßen.
Bei einer Beerdigung durfte ich das Zeugnis einer an Jesus gläubigen Tochter erleben. Auf dem Sarg der verstorbenen Mutter stand der Satz: „Auf Wiedersehen, Mama.“ Der Glaube trägt im Leid.
Gott hält seine Verheißungen
Trotz all der Bedrohungen, die das jüdische Volk im Laufe der Geschichte erlebte, ging es nicht unter. Der Historiker Nahum Glatzer (1903-1990) sagte einmal: „Der Jude schuf nicht Geschichte, sondern er erlitt sie.“ 1
So ist es vor unseren Augen ein Wunder Gottes, dass das jüdische Volk noch lebt und heute auf dem Gebiet des biblischen Landes existiert. Deutschlands berühmtester Augenarzt Hinrich Jung Stilling (1740-1817) hielt die Verheißungen Gottes an das Volk Israel für wahr und prophezeite aus der Bibel, dass es eines Tages wieder einen Staat Israel geben werde. Schon Jesaja und viele mit ihm prophezeiten: „Vom Osten her werde ich deine Nachkommen bringen, und vom Westen werde ich dich sammeln. Ich werde zum Norden sagen: Gib her! und zum Süden: Halte nicht zurück! Bringt meine Söhne von fernher und meine Töchter vom Ende der Erde“ (Jes. 43,5-6).
Die Verheißungen im Gedächtnis halten
Eine jüdische Weisheit sagt: „Erinnerung ist das Geheimnis der Erlösung.“ 2
Obwohl dieser Prozess schmerzhaft ist, hat gerade das Judentum auf dem Weg durch die Jahrtausende die Erinnerung seiner Stationen im Gedächtnis festgehalten. Doch gleichzeitig hat Gott das jüdische Volk niemals fallen lassen, sondern es gemäß seinen Verheißungen durchgetragen. Daran sehen wir die Treue Gottes.
Hoffnung inmitten von Leid
Die Tiefen des Leidens, durch welche Menschen gehen müssen, sind nicht immer verständlich. Dennoch ist Gott auch in der schlimmsten Katastrophe gegenwärtig.
„Denn so spricht der Herr: Gleichwie über dies Volk all dies große Unheil gekommen ist, so will ich auch alles Gute über sie kommen lassen, das ich ihnen zugesagt habe“ (Jer. 32,42). Die Zukunft des jüdischen Volkes wird in ein gutes messianisches Zeitalter hineinführen, egal was noch kommen mag (Jes. 40ff.; Hes. 40ff.).
Israel – Zeiger an der Weltenuhr Gottes
Israel war, ist und bleibt der Adressat zahlreicher Verheißungen. Es wird spannend werden, wie sich die noch ausstehenden Versprechungen Gottes erfüllen. Jeden Tag kommen wir der Wiederkunft unseres Herrn näher. Israel ist wieder in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt, wie es in Sacharja 12,3 verheißen ist. Insofern ist Israel „der Zeiger an der Weltenuhr Gottes“, wie es der Pfarrer Gerhard Bergmann (1914-1981) aus dem Siegerland einmal schrieb.
Hofft auf ihn allezeit
Der Liederdichter Georg Neumar aus Weimar (1621-1681) drückte sein Gottvertrauen inmitten des dreißigjährigen Krieges folgendermaßen aus: „Wer nur den lieben Gott lässt walten und hoffet auf ihn allezeit, den wird er wunderbar erhalten in aller Not und Traurigkeit. Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut, der hat auf keinen Sand gebaut.“
1Nahum Norbert Glatzer, Geschichte der talmudischen Zeit, Neukirchen, 1981, S. 11.
2Hans-Friedrich Luchterhandt, Fünfzig Jahre Reichskristallnacht – und was nun?, Schorndorf, Privatdruck Kleve, 2001, S. 19.